Freitag, 10. März 2006
Angekommen im ... Auenland?
Nun denn. Hier bin ich also. Im frei gewählten Exil irgendwo nördlich der Donau. Die Gegend ist ungewohnt. Nicht feindlich, einfach nur anders. Um mir selbst einen Überblick zu verschaffen und den Daheimgebliebenen einen Eindruck von diesem Landstrich und seinen Bewohnern zu vermitteln, versuche ich mich an einem Blog. Bis ich die ganzen Klickibunti-Feinheiten drauf habe, wird sicher noch einige Zeit vergehen. Bis dahin gibt's erst mal Rohkost-ASCII.

Also, wo bin ich hier? Gar nicht so einfach zu beantworten. Wetter- und landschaftsmäßig irgendwo im südlichen Skandinavien. Schnee, Eis, viel Wald, wenig befahrene Straßen, die hin und wieder als vereiste Pisten durch besagte Schneewälder führen. Hat was - und könnte wirklich Schweden sein. Auch die Mentalität der Autofahrer würde dazu passen. Alles a weng gemütlicher als in der Landeshauptstadt. Selbiges gilt auch für die Einwohner. Alle freundlich und zuvorkommend. Wohnen meist in alten, aber gut erhaltenen Fachwerkhäusern und sprechen eine Sprache, die zu ihnen passt. Weich, die Worte verfließen ein wenig ineinander und hinterlassen im Gehörgang den Eindruck von Lenor. Nicht unbedingt wegen der Frühlingsfrische, sondern aufgrund des Weichspüleffektes. Alles in allem ziemlich knuddelig - eben ein bisschen auenlandmäßig. Vielleicht sollte mir das zu denken geben. Auf die Dauer kann soviel Knuffigkeit nicht gesund sein. Immerhin habe ich bisher hier noch kein lautes oder gar böses Wort zu hören bekommen. Nicht einmal in der U-Bahn gibt es die üblichen verwirrten Murmler, die begraben unter ihren Plastiktüten seltsame Zeichen an der Scheiben malen und auf die Viren schimpfen, die ihnen überall auflauern. Auch Freizeitmönche, die selbst im tiefen Winter barfuß in Jesuslatschen und Jutesack Die S-Bahnen zwischen Pasing und Wolfratshausen besiedeln gibt's nicht (logisch, Pasing ist weit weg, Wolfratshausen erst recht). Das macht mir schon ein bisschen Sorgen. Vielleicht habe ich bisher einfach nur an den falschen Stellen gesucht. Mal sehen. Am Wochenende wird erst einmal der Hauptbahnhof durchsucht. Und wenn ich dann keinen halbwegs normalen Irren finde, stelle ich mich vielleicht selbst in einen der U-Bahnhöfe und kreische mit den einfahrenden Zügen um die Wette. Wird Zeit den Hobbits mal ein bisschen Großstadtflair zu vermitteln.

... comment

 
Ethnologische Expedition im fränkischen Auenland
Werter Childerich,

beim lesen der Zeilen war mir doch etwas zum schmunzeln, kenn ich doch die Bewohner des fränkischen Auenlandes ganz anders!

Weich ineinander fließende Worte, wohl war, Weichspüler im Gehörgang - durchaus treffend.

Aber sie können auch anders!
Vielleicht nicht in der U-Bahn, das Vergnügen, den Einheimischen dort zu begegnen hatte ich noch nicht.

Aber auf der Straße - Heilchers Godd!
Oder an einem Kiosk, bei der Bratwoschd.
Beim Benzin auffüllen, dem dangen.
Oder in einer Gaststätte, beim Schäufele.
Da verhilft der Weichspüler plötzlich zu einer erstaunliche Geschwindigkeit der Sprache!
Und, ein erstaunlicher Effekt, Schimpfkanonaden und der Einsatz der Fäkalsprache scheint dem fränkischen Auenländer in jedweder Situation dank seiner weichgespülten Sprachorgane allzeit und immerdar möglich!

Meine Eindrücke könnten aber durchaus von einem gewissen Lokalkolorit beeinflusst sein, habe ich mich dort doch hauptsächlich nördlich und westlich des beschriebenen Teils des Auenlandes bewegt.
In Arbeitervierteln?!
In Ansbach, in Fürth und um den Hauptbahnhof.
Der Hauptbahnhof?
Der Hauptbahnhof!

Na dann viel Spaß am Hauptbahnhof bei der ethnologischen Expedition im fränkischen Auenland!

An alle im Exil: Den Kopf nicht hängen lassen - es gibt immer was zu entdecken!

... link  

 
Alesia HBF
Tja, das mit dem Hauptbahnhof hat nicht so ganz geklappt. Denn man hat mich ganz professionell zu verwirren versucht bzw. das auch erfolgreich geschafft. _Den_ Hauptbahnhof gibt es gar nicht. Stattdessen mindestens zwei, dazu etliche Nebenhauptbahnhöfe, Güterbahnhöfe und und und. Ok, die Deutsche Eisenbahngeschichte hat hier ihren Ursprung genommen. Aber das ist doch kein Grund infrastrukturell Amok zu laufen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich teilweise den Eindruck, dass hier mehrere Städte nebeneinander existieren. So wie ein um 90 Grad gedrehtes Troja. Schicht neben Schicht. Natürlich habe ich die Einheimischen dazu befragt. Ihre Antworten waren aber wenig aufschlussreich. Auffällig war, dass die von mir so bewunderte Lockerheit schlagartig verschwand und mir barsch klar gemacht wurde: Hia gibb's nur aa Schdood un de is da wo mia schdeehn. Dee ander Schdood, dee gibbs nimma. Seltsame Sache. Vielleicht hat das mit der weitläufigen Verwandtschaft der Franken mit den Franzosen zu tun - und ich habe aus Versehen eines dieser Alesia-Themen angeschnitten. Muss ich noch weiter ermitteln.

... link  

 
Wußte ich's
es gibt keinen Hauptbahnhof. Hätte mich auch gewundert. Vielleicht nicht Alesia, sondern eher Bielefeld. Oder Bonn. Erinnert mich daran, als ich einmal mit dem InterCity (ohne Express, das war vor dem Zonenanschluss) nach Köln gefahren bin.
Ich hatte mich gewundert, warum wir mitten auf der Strecke halten mußten, und erst beim Losfahren habe ich das Schild Bonn Hauptbahnhof gesehen.
Aber vielleicht liegt das im Gemüt der Leute, als Bundeshauptstadt hatte Bonn ja auch keine Probleme mit einem Flughafen der dem Jesenwanger Airport in nichts nachsteht.
Und wenn man die karnevalesken Auswüchse beider Völker betrachten, dann sind sich Rheinländer und Franken doch sehr ähnlich - unverständlich.

... link  


... comment
 
Werter Childerich
Childerich, mal im ernst, das hört sich spießig, grausam und nicht lange ertragbar an. Diese Sprache, die nach Waschmittel schmeckt, die Fleischwaren verpackt in Dingen, wo Schwieine durchfurzen, Allmächt, wie kann man da nur hin!? Ich bewundere Deinen Mut und Deine Tapferkeit, Gruß Cucculain

... link  

 
Spießig? Aber nicht doch! Das ist lediglich eine angenehme Gesetztheit, die einem fortgeschrittenen Lebensalter durchaus angemessen ist. Punk für alte Säcke. Das mit den Furzwaren ist übrigens sehr lecker. Allemal besser als sone blasse Tofuwurst. Aber wir können ja gerne mal eine internationale Brotzeit machen: Ich nehm fränkisches Geräuchertes und für Dich gibt's Pichelsteiner Eintopf mit Sojastrangeinlage. Dazu ein feines Rauchbier bzw. Kamillentee nach Wahl. Ist das ein Angebot?

... link  

 
Mampf
Welch gute Idee. Als Hobbygourmet habe ich starkes Interesse an exotischer Küche. Versprich mir bitte nur, dass keine Insekten oder Menschen verkocht werden, wer weiß wozu Menschen, die immer Allmächt sagen, fähig sind .. *rülps* ...
Mahlzeit Cucculain

... link  


... comment
 
Hauptbahnhof
Wieder was gelernt. Es gibt also auch einen Hauptbahnhof. Kaum zu glauben, dass es so etwas auch außerhalb der Zivilisation gibt.
Auf der anderen Seite bin ich sehr froh, dass es Pioniere wie Dich gibt, die an die Grenzen des Vorstellbaren gehen. Ein bißchen StarTrek. "Franken - Unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer von childerich, dem Großen, der ganz alleine die nächste Zeit unterwegs ist, neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von zuhause dringt er in Gegenden vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat."
Bin sehr gespannt auf das Leben dort. Vielleicht solltest Du auch mal einen Ureinwohner mitbringen, den wir dann staunend am Puchheimer Volksfest begutachten können.

... link  


... comment
 
Blogless
Na, was ist das denn für ein Blog? Ich denke, das heißt online 'Tage'buch und nicht Jahresbuch.
Schon klar, die beliebte Ausrede, bin bis zwölf in der Arbeit und danach hab ich nur eine Stunde Schlaf, weil wieder was fertig werden muss und das (der?) Blog hat leider nur die Prio 10.
Oder ist der Childerich im Dschungel der Provinz verschollen?

... link  

 
immer diese Hektik
Gemach, Sondor, Gemach. Schon klar, dass Ihr Hauptstädterer ständig den Kick neuer Sensationen braucht. Dem will ich ja auch gerne nachkommen. Aber das mit den Sensationen ist hier in der Provinz nicht ganz so einfach. Ich bin da zwar einigen Merkwürdigkeiten auf der Spur, kann mir da aber noch keinen rechten Reim drauf machen. Momentan ist es einfach nur saukalt und alles Ungewöhnliche scheint eingefroren zu sein. Lediglich bei den Discount-Supermärkten ist eine ungewohnte Aktivität zu verzeichnen. Ganz sicher bin ich mir noch nicht, aber dazu gibt's wohl die nächsten Tage ein paar Anmerkungen. Aber wie gesagt: Gemaaach.

... link  

 
Gemaaach-Blog
Na offensichtlich hast Du Dich dem Tempo der Einheimischen angepasst. Gemaaaach, gemaaaach. Ich mach jetzt eine Weltreise, und wenn ich zurück bin, ist vielleicht ein Lebenszeichen zu sehen ??!!
Gruß Cucculain

... link  

 
Keine Sensationen
In Zeiten von Slowfood und der Entdeckung der Langsamkeit verlangt niemand mehr Sensationen, echte kann man eh höchstens noch im Zirkus finden (vgl. Menschen, Tiere, Sensationen (1938) mit dem unvergleichlichen Harry Piel als Bobby und Elisabeth Wendt als Maja de Passy)
Aber eine gewisse Periodizität, wie wir Geisteswissenden so sagen, wäre doch schon schön. So im Sinne der Kundenbindung, wie wir Marketender sagen. Dann wären die Incentivs größer, wie wir Pädagogiker sagen.

... link  

 
Slow Food
Am meisten Spaß macht Essen im Auto! Deswegen besitze ich diese erhöhte Affinität zu Drive-In-Schaltern, speziell in meinem Lieblings-Fast-Food-Restaurant.

Das Vergnügen an dieser Self-Service-Version des Essens auf Rädern wird allerdings erheblich durch die Qualität der Gegensprechanlage gemindert.

Gegensprechanlage? Meiner Überzeugung nach hat sie diesen Namen deshalb bekommen, weil sie völlig gegen das Sprechen ausgelegt ist.

"Hiere Bechelun hippe!" knarzt es mir aus dem Lautsprecher entgegen. Aus Erfahrung allerdings weiß ich, dass sich die Stimme (männlich? weiblich?... wohl eher männlich!?) am anderen Ende dieses Dosentelefons soeben nach meiner Bestellung erkundigt hat. Jetzt einfach bestellen
wäre mir zu langweilig. Demzufolge stelle ich zunächst eine Frage:

"Haben Sie etwas vom Huhn?"

Aus dem Lautsprecher ertönt ein schwer verständliches Wort, das aber eindeutig mit "...icken" endet. Ich antworte:

"Später vielleicht, zunächst möchte ich etwas essen."

Etwas lauter tönt es zurück:

"SCHICKEN!"
Ich kann es mir nicht verkneifen: "Nein, ich würde es gleich selbst abholen." Eine kurze Pause entsteht, ich stelle mir belustigt die genervte Visage des McKnecht vor. Als die Sprechpause zu lang zu werden droht sage ich: "Ach so, Sie meinen Chicken! Nö, lieber doch nicht. Haben Sie vielleicht Presskuh mit Tomatentunke in Röstbrötchen?"

"Hamburger?" fragt mein unsichtbares Gegenüber zurück.
Der Wahrheit entsprechend erwidere ich: "Nein, ich bin von hier. Aber hat das denn Einfluß auf meine Bestellung?"

"Wol-len Sie ei-nen H-a-m-b-u-r-g-e-r?"

"Jetzt beruhigen Sie sich mal! Ja, ich nehme einen."

"Schieß?"

"Stimmt, hatte ich nach meiner letzten Mahlzeit hier. Mittlerweile ist meine Darmflora allerdings wieder wohlauf, ich denke, ich kann es erneut
riskieren."

Der Stimminhaber beginnt mir ein wenig leid zu tun. Er kann ja nichts für den Job. Aber ich ja auch nicht...

"Ob Sie KÄÄÄSE auf dem Hamburger möchten!?"

"Ah ja, gern. Ich nehme einen mittelalten Pyrenäen-Bergkäse, nicht zu dick geschnitten, von einer Seite leicht angeschmolzen."

Ob die nächste Ansage aus dem Lautsprecher "Sicher doch" oder "A...loch" lautet, kann ich nicht exakt heraushören. Deutlicher jedoch erklingt nun: "Was dazu?" "Doch, ja. Ich hätte gerne diese gesalzenen frittierten
Kartoffelstäbchen."

"Also Pommes?"

"Von mir aus auch die."

"Groß, mittel, klein?"

"Gemischt. Und zwar jeweils genau zu einem Drittel große, mittlere und
kleine."

"WOLLEN SIE MICH EIGENTLICH VER*****EN?"

Diese, wiederum sehr laut formulierte Frage, verstehe ich klar und deutlich. Sie verlangt eine ehrliche Antwort: "Falls das die Bedingung ist, hier etwas zum essen zu bekommen: Ja. Also: Machen wir weiter?" Die Stimme schnauft kurz und fragt: "Gut, gut. Etwas zu den Pommes?" "Ein schönes Entrecôte, blutig, und ein Glas 1996er Spätburgunder, bitte."

"ICH KOMM DIR GLEICH RAUS UND GEB DIR BLUTIG!!!"
"Machen Sie das, aber verschütten Sie dabei bitte nicht den Wein."

"Schluß jetzt, Schalter zwei, vier Euro fünfzehn!"

Schon vorbei. Gerade, als es anfängt, lustig zu werden. Aber ich habe noch ein As im Ärmel. Ich zahle mit einem 200-Euro-Schein. "Tut mir leid, aber ich hab's nicht größer."

PIEP! ...

Freundlich werde ich ausgekontert: "Kein Problem." Mit kaltem Blick lässt ein bemützter Herr mein Wechselgeld auf den Stahltresen klappern. Nicht mit mir, Freundchen!

Ich will den Triumph! Zeit also für's Finale:
"Kann ich bitte eine Quittung bekommen?" frage ich überfreundlich. "Ist ein Geschäftsessen."


Schönes Wochenende euch allen :-)

... link  

 
Slowfood Fingerfood
Mönsch, Cucculain, wo bleibt denn da der Anstand? Hat man Dir nicht beigebracht, dass man mit dem Essen nicht spielt? Selbst dann nicht, wenn es in Gestalt pickelgesichtiger Burger-Dealer herkommt.

... link  

 
Anstand
Klar habe ich Anstand, bevor ich vorfahren durfte musste ich bestimmt 5 Minuten anstehen ...

... link  

 
5 min wären eigentlich ein guter Grund gewesen, Abstand zu nehmen. Offenbar spricht man das "a" bei "Fast Food" anders als gemeinhin angenommen doch kurz aus, nicht lang.

... link  


... comment
 
Was ist los?
Da oben kein Netz mehr oder gibt es nix zu erleben;-)) Ja, ja, hier ist immer was los ;-)

... link  

 
wie immer
hat er keine Zeit, ist zu wichtig oder hat einfach seine alten Freunde vergessen.
Ist schon ok. Wir sind nicht sonderlich beleidigt. Ist auch schwer, einfach mal ein paar Zeilen zu schreiben. Die Arthritis in den Fingern und so. Da ist man schon froh, wenn man überhaupt das p in Franken findet.
Wie Franken hat kein p?

... link  

 
Häggdigga
Jo, scho recht. Das ist genau dieser Zentralismus, dieser Direktivismus, den wir hier am bayerischen Okkupationsregime so lieben. Nur weil wir in der gleichen internationalen Zeitzone leben, heißt das noch lange nicht, dass die Uhren genauso wie bei euch schlagen. Wen wundert's da noch, wenn der Separatismus auch nach 200 Jahren Besatzung vorsichtige Blüten treibt? Unter dieser Bevormundungsfolter würde ein gemarteter William Wallace euch vielleicht ein kraftvolles "Freiheiiit!" entgegenächzen. Ins Fränkische übersetzt und unserem kriegerischen Temperemant angepasst bleibt mir aber nur ein beleidigtes "Gemaaach" zu murmeln.

... link  


... comment