Dienstag, 11. April 2006
Es brennt
Es sind die kleinen Dinge, an denen man merkt, dass man allmählich alt wir. Feueralarm ist so eine Sache. Früher, in der Grundschule, was war das für eine spannende Angelegenheit. Die Glocke schrillte und die Lehrerin machte ein wichtig-ernstes Gesicht: „Alles liegen lassen, in Zweierreihen aufstellen und nichts wie raus hier!“ Cool, die Schule brennt. Jahre, bevor Extrabreit daraus eine Hymne machte, malte ich mir aus, wie es denn nun weiterginge. Nie wieder Mathe, Werken oder Sachkunde. Stattdessen endlich frei sein. Vielleicht müsste man sich noch vormittags im Pausenhof treffen, aber zumindest könnte man die Zeit dann mit wichtigeren Dingen totschlagen. Quartett zum Beispiel. Leopard I, 65 km/h? Ach komm, den mach ich doch mit meiner Kawasaki Z1 platt. Tja, beim Feueralarm lernte man damals noch was fürs Leben. Und aus kleinen Dreikäsehochs wurden mit einem Schlag echte Männer. Bloß meinen ferrariroten Pelikan-Füller, den hab ich immer heimlich in die Hosentasche gesteckt. Von wegen alles liegen lassen. Was weiß so eine Lehrerin schon von den wahren Werten im Leben?

Aber heute. Da ist ein Feueralarm doch nur noch lästig. Letzten Freitag etwa. Ich saß an meinem Schreibtisch, vor mir dampfte der Kaffee und ich sortierte mir die Jobs für den heutigen Tag. Nebenan im Raucherzimmer werden die ersten Zigaretten angesteckt ... und schon wird dieser friedliche Morgen mit 85 dB Schalldruck in Fetzen gerissen. Die Kollegen und ich schauen uns erst einmal ratlos an, zucken mit den Schultern und machen weiter. Nach rund fünf Minuten kommt jemand ins Zimmer und meint, es wäre vielleicht doch sinnvoll, das Gebäude zu verlassen. Falls die Jobs es zulassen. Das tun sie eigentlich nie, aber anderseits sind diese modernen Feuermelder akustisch deutlich unangenehmer als das heimelige Bimmeln damals in der Grundschule. Ein Großteil der Mannschaft versammelt sich schließlich vor dem Gebäude. Während wir ein bisschen ratlos auf dem Bürgersteig rumstehen, zünde ich mir eine Fluppe an. In dem Moment kommt auch schon die Feuerwehr angerast. Gar nicht schlecht. Zwei Löschzüge, ein PKW, ein Kleinlaster. Der Oberbrandmeister springt raus und stürmt an uns vorbei ins Gebäude. Der Rest der Mannschaft schaut mir derweil missbilligend beim Rauchen zu. Die glauben doch wohl nicht, dass ich...? Oder doch? Als dann eine Minute später auch noch die Polizei, natürlich ebenfalls mit Lalülala, angerast kommt, lasse ich die Kippe unauffällig fallen und tue so, als ginge mich das ganze nichts an. Tut es ja auch nicht. Denn schuld für den Fehlalarm (dass es einer war, wussten irgendwie alle – Feuerwehr inklusive – von Anfang an) war der wie immer viel zu empfindlich eingestellte Melder im Raucherzimmer. Die beiden Streifenwagen der Polizei rücken dann auch gleich wieder ab. Ob zum Leberkässemmelholen oder zu einem Einsatz, weiß ich nicht. Auf jeden Fall bieten sie eine gute Show mit Blaulicht, Sirene und quietschenden Reifen. Die Jungs von der Feuerwehr wollen da nicht nachstehen und macht sich in die entgegengesetzte Richtung, aber mit einer durchaus vergleichbaren Lightshow, auf den Weg. Meine Texterkollegen nutzen die Situation und fachsimpeln mit dem Hausmeister noch ein bisschen über die Vor- und Nachteile verschiedener Brandmeldesysteme. Klar, die haben ja auch gerade einige Broschüren für einen bekannten Hersteller in der Mache. Ich zünde mir derweil noch ein Zigarette an und überlege, wo eigentlich meine alten Quartettspiele abgeblieben sind. Vielleicht sollte ich sie mal wieder rauskramen. Nur so für den Fall der Fälle. Als wir schließlich wieder alle an die Arbeit gehen, kommt auch noch ein Trupp Sanis an. Die stehen ein bisschen verloren rum und machen sich schnell wieder vom Acker. Anders als ihre Kollegen von der Blaulichtfraktion ohne die gebotenen Special Effects. Na ja, die sahen irgendwie auch mehr nach Oberpfälzern aus.

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Schule und Feuer
Ich glaube ja, dass Schule und Feuer zusammengehören wie Wasser und ... wie Wasser und ...
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Naja, Ihr wißt schon. Jetzt bin ich auf der anderen Seite und auf meinem Schreibtisch liegen Evakuierungspläne, und ich mache mir Gedanken über Alarmierungsserver, Notfallszenarien und die Begehung des Schulgeländes durch Leute, die man eigentlich nicht sieht.

Ich glaube, wenn Schüler wußten, was hinter einer Feuerübung steht, würden sie die Quartette liegen lassen und bewundernd die Schulmitarbeiter anhimmeln...

Nein.

Eigentlich glaube ich das nicht.

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