Freitag, 9. Juni 2006
Als der Ministerpräsident meinen Parkplatz stahl
Neulich hätte ich dem Stoiber eine schmieren können. Im übertragenen Sinne sowieso; diesmal aber auch ausnahmsweise ganz real. Denn der Schbrichbeidl hat mir meinen Parkplatz geklaut.

Angefangen hat alles damit, dass die kleinere der beiden Städte hier jetzt auch Universitätsstadt ist. Die echte Universitätsstadt (die dritte im Bunde der zwei) liegt angeblich noch weiter im Norden. Bestätigen kann ich das nicht, da ich mich so weit noch nicht vorgetraut habe. Gewöhnlich gut unterrichtete Quellen bestätigten aber mehrfach, dass nördlich der Pegnitz die Zivilisation nicht schlagartig ende. Allerdings scheinen die Leut dort oben platzmäßig allmählich an ihre Grenzen zu stoßen. Sie müssen daher Teile Denkfabriken nach Süden auslagern. So kam es dann, dass das Zentralinstitut für neue Materialien und Prozesse direkt am Südufer der Pegnitz angesiedelt wurde. Keine Frage: Ein wichtiges Ereignis für unsere kleine Stadt. Und wichtige Ereignisse ziehen bekanntermaßen auch Politiker magisch an.

Nachdem unser Landesvater in den letzten Monaten wiederholt durch verbalakrobatische Kapriolen vom rapiden Transrapid bis zum Problembär aufgefallen war, dachte er sich wohl, hier etwas Boden gutmachen zu können. Dagegen ist nichts einzuwenden. Eigentlich. Wenn Edmund meint, uns seine Glückwünsche überbringen zu müssen, dann ist er herzlich willkommen. Aber musste er dafür gleich meinen Parkplatz klauen? Immerhin wurden wir bereits eine Woche vorher aufgefordert, am besagten Einweihungstag den Parkplatz aus sicherheitstechnischen Gründen nicht zu benutzen. Zuerst dachte ich ja noch, man wolle uns vor der Redegewalt des Mannes schützen. Als dann aber Feuerwehr und Katastrophenschutz bereits an Vortag Stellung bezogen, kamen erste Zweifel auf. Mal ehrlich: So verheerend sind seine Reden dann auch nicht. Erst als ein Aufgebot von Bepos mit Spiegeln den Unterbodenschutz vermeintlich herrenloser Autos auf dem Parkplatz überprüften, dämmerte es mir, dass es nicht um unseren Schutz ging. Ok, schon beleidigt.

Nichtsdestotrotz parkte ich als staatstreues Individualelement am Veranstaltungstag weit abseits und machte mich zu Fuß auf zur Stätte meines Wirkens. Bereits nach wenigen Metern stieß ich auf die Ausläufer eines zunehmenden Polizeiaufgebots. Meine stählerne Thermoskanne mit Tee verbarg ich sicherheitshalber jedoch unter meiner Jacke. Kein Parkplatz ist eine Sache. Die prophylaktische Sprengung eines Liters Second Flush Darjeelings dagegen eine ganz andere. Ich ging also gebückt - und vermutlich ziemlich grimmigen Blicks - meines Weges, der mich über den gesperrten Parkplatz führte. Plötzlich stand dann - keine zehn Meter entfernt - Edmund da. Abgeschirmt von zwei Dutzend Polizisten. Und hinter ihm ein Hubschrauber. Nicht etwa auf meinem Parkplatz, sondern mitten auf der Zufahrt. Das war zuviel.

Ich opfere gerne meinen Parkplatz, wenn es dem Protokoll dient. Wenn er dann aber nicht einmal benötigt wird und der ministerpräsidiale Pilot in einer Weise parkt, für die unsereins zwanzig Knöllchen auf einmal kassieren würde, ist es mit der Staatsraison schlagartig zu Ende. Kurz und gut: Ich bekam einen ziemlichen Hals und überlegte, ob ich Edmund nicht zur Rede stellen sollte und meine in seinen Augen sicher nicht stichhaltige Argumentation durch eine ordentliche Watsch'n unterstreichen sollte. Letzten Endes war es dann die angespannte finanzielle Situation des Freistaates, die mich davon abhielt. Wer das jetzt nicht versteht, der erkundige sich bei dem Waffendealer seiner Wahl nach dem Tageskurs für 9 mm Parabellum-Geschosse. Denn von diesen hätte mein Körper im Rahmen der angedachten Diskussion dem Staatshaushalt sicher ein gutes Dutzend entzogen. Eine Option, die nicht im Interesse irgendeines Beteiligten gewesen wäre. Von der zerschossenen Thermoskanne Tee ganz zu schweigen. Ich ging also brav gebückt an der versammelten Society vorbei, grummelte in Gedanken wüste Flüche vor mich hin und ärgerte mich darüber, dass manche eben doch gleicher parken dürfen als andere.

Nennt mich ein Weichei. Nennt mich überempfindlich. Von mir aus nennt mich sogar einen deutschen Parkplatzspießer. Aber genau das sind die Sachen, die auch nach zweihundert Jahren immer noch dazu gführen, dass wir Franken nicht bereit sind, uns mit der neuen bayerischen Herrschaft abzufinden. Wenn ein demokratisch gewählter Ministerpräsident erst einen Parkplatz reserviert und dann sein Hubschrauberpilot ganz woanders landet - das ist es, was selbst aus einem schwäbischstämmigen Oberbayern im fränkischen Exil einen überzeugten Separatisten macht. Allmächd, zefix und bluadige Hennakepf!

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